Rollenerwartungen 2009: Die Sicht eines Schülers

Der Mann findet sich heutzutage in einem Konflikt wieder: wie modern darf, wie traditionell muss er sein? Wo liegen die Grenzen und bis zu welchem Punkt dürfen diese ausgereizt werden?

Traditionell gilt der Mann im Sinne der Bezeichnung als „Herr im Haus”, Ernährer, Versorger und Beschützer seiner Familie. Doch auch Frauen drängen zunehmend in diese Rolle. Noch vor wenigen Jahren herrschte ein festes Rollenbild: der Mann geht arbeiten, macht Karriere und verdient den Lebensunterhalt, während die Frau zu Hause bleibt, den Haushalt übernimmt, sich um die Kinder kümmert und abends das Essen auf den Tisch bringt. Was aber, wenn die Frau ihren Karrierewünschen nachgeht? Wenn „Mann” nach einem harten Arbeitstag nach Hause kommt und ihn weder eine herzliche Begrüßung, noch ein warmes Essen erwartet? Ein vielleicht sogar überschaubares Problem, doch gleichzeitig nur die Spitze des Eisbergs. Denn was tun, wenn die Frau am Monatsende auf einmal mehr Geld per Gehaltsscheck in die Beziehung einbringt? Wenn eine Beförderung ansteht, der Job plötzlich von der Halbtags- zur Vollzeitbeschäftigung wird? Für den Mann ist es schwer, mit dieser empfundenen Abwertung der eigenen Leistungen umzugehen. Und weder der Haushalt noch der Nachwuchs können auf Aufmerksamkeit zu Gunsten mütterlicher Karrierechancen verzichten. Die Frau bringt sich auf einmal voll in ihrem Job ein, der Mann muss zurückstecken, traditionell weibliche Aufgaben übernehmen und sich zu Hause einbringen. Die Rolle des Hausmannes ist geboren. Putzen, Kochen, Wäsche waschen, die Kinder von morgens bis abends betreuen: welcher Mann brüstet sich vor Freunden und Kollegen damit, diese eigentlich zweifellos wichtigen und verantwortungsvollen Aufgaben übernehmen zu müssen? Wie männlich darf „Mann” sich als Hausmann noch fühlen? Die Emanzipation der Frau schreitet stetig voran, Frauen stehen längst in vielen Bereichen auf einer Stufe mit den Männern und niemand würde bestreiten, dass diese Entwicklung eine gute ist. Doch wie verträgt sich dieses Voranschreiten weiblichen Selbstbewusstseins mit dem Ego der Männer? Wie lange können Männer das Eindringen der Frauen in typische Männerdomänen noch ertragen und akzeptieren? Aufgaben, die einst klar der Frau zugeordnet waren, müssen weiter erfüllt werden, folglich zwangsweise zunehmend durch Männer. Wie viel Frau muss „Mann” werden um dies ausreichend zu bewerkstelligen, wie viel Frau darf „Mann” werden um gleichzeitig nicht das Gesicht vor Geschlechtskollegen und auch sich selbst zu verlieren? Ein schmaler Grat den es hier zu bewerkstelligen gilt, Grenzen sind beidseitig schnell überschritten.

Der Mann als starkes Geschlecht ist also eine Bezeichnung, die zunehmend eingegrenzt wird. Gleichzeitig aber steigt die Erwartungshaltung der Frau an den Mann, sodass mittlerweile schon eine gewisse Schizophrenie von Nöten ist, um allen Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden. Stark sein, mutig sein, Beschützer sein, selbstbewusst sein, keinen Schmerz zeigen, nicht weinen; alles andere macht den Mann zum Weichei. Gleichzeitig wird ihm aber Einfühlvermögen, liebevolles und rücksichtsvolles Verhalten sowie Fürsorge abverlangt. Dinge die sich zwar nicht ausschließen, aber doch so gegenteiligen Charakterzügen entsprechen, dass sie kaum in ein und derselben Person zu finden sein können. Wer Gefühle zeigt enthüllt einen sensiblen Charakter. Eine sympathische Eigenschaft im richtigen Moment, im falschen jedoch geradezu ein Armutszeugnis für einen Mann. Die Situation richtig einzuschätzen erscheint offensichtlich, gestaltet sich aber durchaus kompliziert. Schnell schlägt die Stimmung um und der Sensible sieht sich dem Vorwurf des Weicheis ausgesetzt. Ebenso kann aber auch der Starke, Selbstbewusste in der weiblichen Wahrnehmung von einem Moment auf den anderen zum gefühlskalten Klotz werden.

Viele Fragen, die „Mann” sich stellt, doch die Suche nach den richtigen Antworten gestaltet sich schwierig. Nur eines wird deutlich: ohne dies vielleicht zu wollen, engen Frauen auf der Suche nach persönlicher Erfüllung in ehemals vor allem durch Männer geprägten Bereichen diese zunehmend ein, drängen sie in Gewissenskonflikte und erkennen doch gar nicht, wie belastend sich das alles auf das männliche Seelenleben auswirkt.

Aurel Staller, K13, 23.11. 2009


Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen