Abiturrede 2014

Sehr geehrte Anwesende,

dass ich nun hier als Repräsentant der Stufe vor Ihnen stehe, ist wohl überraschend, sowohl für Mitglieder der Stufe, als auch für einige Lehrer und nicht zuletzt für mich selbst.
Warum soll ich, soll jemand mit meinen Deutschnoten eine Rede schreiben und vortragen?
Ich bin in der Stufe weder besonders engagiert, noch halte ich mich komplett raus.
Ich bin kein schlechter Schüler, bin aber auch kein [Name gestrichen].
Ich bin nicht der fleißigste Schüler, bin aber auch kein [Name gestrichen].
Ich bin nicht der größte Schüler, bin aber auch kein [Name gestrichen].
Und ich kann zwar Einiges, aber ein [Name gestrichen] bin ich nicht.
Ich bin so eine Art Mittelding in einer Stufe, die sich aus vielen unterschiedlichen Charakteren zusammensetzt, und vielleicht qualifiziert mich das als Repräsentant, denn wir waren und sind eine Stufe aus vielen Gegensätzen und unterschiedlichen Typen – Typen und Persönlichkeiten, die durch zwölf Jahre Schulzeit zu dem wurden, was sie sind. Diese Jahre haben uns geprägt, wie es vermutlich keine andere Zeit in unserem Leben wieder tun wird.
Vor zwölf Jahren… beziehungsweise dreizehn Jahren… obwohl, bei manchen hat’s auch vierzehn Jahre gedauert, ich werde hier aber keine Namen nennen. Jedenfalls wurden wir damals in einem riesigen Labyrinth ausgesetzt, als Proviant wurde uns lediglich eine Tüte voller ungesunder Süßigkeiten mitgegeben, die nicht einmal einen Tag gehalten hat. Vielen Dank dafür!
An diesem Tag standen wir am Anfang unserer schulischen und persönlichen Entwicklung. Ein langer Weg, auch wenn es mir im Nachhinein viel kürzer vorkommt als es tatsächlich war.
Die Grundschulzeit zum Beispiel ist schon zu großen Teilen aus meiner Erinnerung verschwunden, diese ersten vier Jahre, an deren Ende wir uns mit Erreichen des Gymnasiums wie die Größten fühlten, nur um uns dort am untersten Ende der Nahrungskette wiederzufinden.
Und von da an begann der lange Weg durch das Labyrinth hin zum Abitur. Schon früh standen wir an der ersten wichtigen Kreuzung und mussten uns zwischen Latein und Französisch entscheiden, wobei natürlich galt: Latinam linguam sapientes eligunt!
Auch auf unserem weiteren Weg hatten wir einige Hürden zu überwinden. Beispielsweise mit dem Umzug in ein neues Schulgebäude und hier muss ich Frau Hübler widersprechen, denn das neue Gebäude war für mich eher ein Labyrinth als das alte. Ich habe länger gebraucht, um das System mit Buchstaben und Zahlen zu verstehen, als ich es hier öffentlich zugeben möchte.
Und nicht zuletzt hatten wir auch mit uns selbst zu kämpfen, denn je älter wir wurden desto mehr ließ unsere Motivation nach… und unser Interesse… und unser Fleiß… und nicht zu vergessen: Auch unsere Aufmerksamkeit. Ich möchte mich hier kurz bei allen Lehren entschuldigen, die das zu ertragen hatten.
Und je mehr Salat wir aßen, desto mehr schrumpfte unser Bizeps, aber das gehört nicht hierher.
Wie auch immer, mit dem Erreichen der 11. Klasse rafften wir uns nochmals auf und gingen mit frischer Kraft ans Werk. Voller Tatendrang begannen wir zu lernen und ich bin mir sicher, dass das die meisten auch ganze 4 ½ Wochen durchgezogen haben. Danach… na ja, aber darüber will ich lieber erst gar nicht sprechen, lieber möchte ich sagen, dass die letzen Meter im Labyrinth, die Oberstufe also, wohl die beste Zeit unserer Schullaufbahn war.
Ein besseres Verhältnis zu Lehrern, endlich ein eigener Raum zur Entspannung, der jedoch durch Umzüge und zunehmende Vermüllung immer weniger Platz zur Entspannung bot, mit 18 schließlich die Möglichkeit, Entschuldigungen selbst zu unterschreiben und nicht zuletzt ein durch großartige Studienfahrten gestärktes Gemeinschaftsgefühl, all dies trug dazu bei, dass diese zwei Jahre trotz Klausuren- und Abiturstress zu einer unvergesslichen Zeit wurde. Manchen hat es sogar so gut gefallen, dass sie gleich drei Jahre daraus gemacht haben.
Und diese ganzen Jahre, nicht nur die letzten zwei, haben uns zu dem gemacht, was wir heute sind und an dieser Stelle möchte ich kurz einigen Menschen danken, die uns auf diesem Weg geholfen haben.
Natürlich unseren Lehrern, die es nicht immer leicht hatten und besonders Frau Gritsch, die uns in den letzten zwei Jahren viel hinterher laufen musste. Und es soll hier auch ein Dank an das übrige Schulpersonal, das einen reibungslosen Schulalltag ermöglichte und uns regelmäßig mit frischen Leberkassemmeln versorgte. Und auch die Menschen außerhalb des Schullebens haben ihren Anteil daran, dass wir alle heute hier sind. Familie, Freunde oder auch der der Fußballtrainer und Geigenlehrer haben uns auf diesem Weg der schulischen und persönlichen Entwicklung begleitet. Vielen Dank!
Es tut mir sehr leid aber es ist noch nicht ganz vorbei, ein bisschen müssen Sie mich noch aushalten, denn ich möchte noch kurz ein paar Gedanken darüber verlieren was uns nun erwartet.
Unser Abimotto* beschreibt uns als Verwirrte, als Suchende, die nun endlich an ihr Ziel gelangt sind. Doch sind wir wirklich am Ziel? Im eigentlichen Labyrinth sind wir noch weit vom Ziel entfernt, wir glauben gerade dem Labyrinth entkommen zu sein, aber wir befinden uns noch mittendrin und noch dazu an einer äußerst wichtigen Kreuzung. Wir können nun entscheiden, was wir mit diesem Zeugnis anfangen, und dabei stehen uns viele Wege offen. Das Großartige an dieser Kreuzung ist, dass es keinen falschen Weg gibt. Der Weg, den wir nehmen ist nicht falsch solange wir ihn selbst wählen. Einige behaupten, der beste und einzig richtige Weg mit Abitur wäre Studium, Beruf, Rente und schließlich tot umfallen. Aber das ist nicht wahr, wir haben nun die Freiheit vollkommen selbstständig über unsere Zukunft zu entscheiden, und was wir mit unserem Abitur machen, ist uns allein, jedem einzelnen überlassen.
Wir können Rap-Star, Perlentaucher oder sogar Lehrer werden. Wenn es das ist was wir wollen, dann ist es das Beste, was wir aus unserem Abitur machen können. Und ich möchte jeden auffordern, diese Entscheidung für sich zu treffen und sich nicht von anderen reinreden zu lassen.
Ihr habt die Wahl, nutzt sie!
Vielen Dank!

*LABIrinth – 12 Jahre Verwirrung und trotzdem am Ziel

(Lukas Bartl, unter der Mithilfe von Kerstin Henning und Paulina Schiele)


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