Wer kennt das nicht: zu Hause muss man den ach so gesunden Rosenkohl essen, ob man will oder nicht. Es hilft kein Gezeter, keine Ausreden und dass er bitter schmeckt, zählt sowieso nicht. Gläserweise Orangensaft müssen dann herhalten, um das bittere Gemüse möglichst geschmacksneutral vom Mund in den Magen zu befördern. Ein Szenario aus früheren Zeiten?
Die meisten Eltern sind wohl nicht mehr ganz so streng angesichts ihrer eigenen leidvollen Erfahrungen mit Rosenkohl. Und viele Kinder machen deshalb erst gar keine Bekanntschaft mehr mit dem Bitterschmecker. Züchtungen ohne Bitterstoffe erleichtern das Ganze zusätzlich.
Sollten den ein oder anderen allerdings beim Anblick von Chicoree, Radicchio, Endiviensalat oder eben Rosenkohl immer noch Schauer durchlaufen, so kann er jetzt die Abneigung gegen Bitterstoffe am Graf-Rasso-Gymnasium eindeutig beweisen lassen.
Am Montag vor den Ferien nutzte ein Großteil der BiologielehrerInnen der Schule die Möglichkeit unter fachkundiger Anleitung von Frau Dr. Patricia Schöppner der TU München eigene DNA auf das Bitterschmecker-Gen zu untersuchen. Mit Hilfe der erst im letzten Schuljahr angeschafften PCR-Cycler wurde die eigene DNA aus Mundschleimhautzellen 1000fach identisch vervielfältigt, um sie dann nach dem Verdau mit Restriktionsenzymen in einem Elektrophorese-Gel zu identifizieren. Die Vorgehensweise ähnelt in vielen Bereichen einem Vaterschaftstest. Im Gegensatz dazu wird bei dem Schulversuch jedoch nur ein genetisches Merkmal (das Bitterschmecker-Gen) und nicht – wie für den Vaterschaftstest notwendig – zahlreiche bestimmt. Der Stoff hat Lehrplanbezug und ist eines der zentralen Themen im Biologieunterricht der 11. Jahrgangsstufe. Dank der neuen Ausrüstung der Schule kann der Schulstoff nun auch praktisch und nicht wie bisher nur theoretisch durchgenommen werden.
Nach drei Stunden des Pipettierens, Zentrifugierens, Gelgießens und Analysierens hatten es die BiologielehrerInnen schwarz auf weiß: ihre zum Teil vorhandene Abneigung gegen Rosenkohl liegt in den Genen.
Wer nicht das Glück hat ein Schüler am Graf-Rasso-Gymnasium zu sein und damit keine Möglichkeit, sein Bitterschmecker-Gen untersuchen zu lassen, dem sei folgender Trost mit auf den Weg gegeben: im Alter verliert sich sie Fähigkeit Bitterstoffe zu schmecken. Außerdem sind wir ja glücklicherweise irgendwann alt genug, um selbst zu entscheiden, welches Gemüse auf unserem Teller landet.
(Nina Ostermeier)