Das Experiment
Im Chemieraum gibt es einen großen, roten Fleck, an der Wand. Er soll von einem Experiment kommen. Warum ein Lehrer dieses Experiment machte und weshalb dieser rote Fleck immer noch da ist, erzählt folgende Geschichte:
An einem verregneten Montagmorgen hatte die Klasse 9c Chemie in der ersten Stunde. Herr Sugel, ihr Lehrer, wollte ihnen zeigen, wie ungefährlich Chemie war, wenn man nur die richtigen Extrakte und Flüssigkeiten verwendete. Und wie recht er damit hatte… Als nun die Stunde begann, kam er mit einem Wagen voller Reagenzgläser und Flaschen herein. Alle waren mit verschiedenfarbigen Flüssigkeiten gefüllt. Er stellte den Wagen neben den Tisch, setzte sich hin und sagte mit seiner lauten Stimme: “Guten Morgen und setzen! Heute…”, er machte eine gewichtige Pause, “will ich euch zeigen, dass die Chemie sehr ungefährlich ist, wenn man mit den verschiedenen Flüssigkeiten und Extrakten umgehen kann.” Er ging in seiner behäbigen Art zu dem Wagen und baute drei kleine Flaschen auf dem Pult auf, und holte noch einen größeren Glasbehälter.
Er warf den Campingkocher an, füllte den Glasbehälter etwas mit Wasser und stellte ihn auf den Kocher. “Nun,” rief er, “schütte ich das gelbe Extrakt in das Wasser. Dann müssen wir warten, bis es kocht, und können die orange Flüssigkeit dazugeben.” Die Schüler schauten gelangweilt zu oder beschäftigten sich mit etwas anderem. “Wenn es nun kocht,” begann Herr Sugel wieder, “geben wir die orange Flüssigkeit hinein und müssen diese vorsichtig umrühren. Dann gebe ich auch noch die rote Flüssigkeit Polorose dazu.”
Doch als er das Polorose dazugegeben hatte, fing das Gebräu plötzlich an zu brodeln und zu zischen. Es bildeten sich große Blasen auf der Oberfläche. Herr Sugel blickte erschrocken auf und auch die Schüler schauten verdutzt. Das ganze Gemisch brodelte, zischte und dampfte. Bei Herrn Sugel bildeten sich Schweißperlen auf der Stirn. Er begann zu grübeln… er hatte doch nichts Falsches dazugegeben? Da traf es ihn plötzlich wie der Blitz: Natürlich, er hatte die rote Flüssigkeit Habag in das Poloroseglas getan, weil er kein anderes mehr hatte. Und jetzt war in dem Gemisch nicht Polorose, sondern Habag! “Oh Gott, wenn das rauskommt, bin ich meinen Job los!”, erschrak Herr Sugel. Als er sich wieder seinem Glas zuwandte, bekam er große Augen. Mittlerweise hüpfte das Glas schon regelrecht auf dem Kocher. Herr Sugel wurde es heiß und kalt. “Wenn ich nicht gleich etwas unternehme, geht das Glas in die Luft!”, schoss es ihm durch den Kopf. Er wollte schon zum Kocher langen und das Gas abdrehen, da machte es einen gewaltigen Knall, Herr Sugel sprang unter das Pult, ein paar Schüler schrien auf, rote Tropfen sprühten. Dann konnte er nichts mehr sehen, denn walles war eingenebelt. Als er nach kurzer Zeit wieder hervorkam, waren einige Schüler immer noch nicht hinter ihren Bänken hervorgekommen. Aber Gott sei Dank war niemandem etwas passiert. Im vorderen Raum waren rote Spritzer und Flecken. Da kamen ein paar Lehrer zur Tür hereingestürmt und blieben wie angewurzelt stehen. Die Frage: “Was ist denn passiert?”, konnten sie sich ersparen. Sie konnten es sich denken.
Die Klasse 9c bekam für den Rest des Tages frei. Herr Sugel kam mit einer Ermahnung davon. Ein paar Wochen später strich man den Chemieraum neu. Man konnte alle Spritzer und Flecken übermalen, bis auf einen großen roten Fleck. Und diesen Fleck sieht man heute noch.